… haben Sie noch nie gehört?
Aber über kaputte Elektrogeräte geärgert haben Sie sich schon? Vor allem, wenn sie noch nicht so alt waren! Früher funktionierten Elektrogeräte wie Waschmaschinen manchmal Jahrzehnte – und heute?… sind wir froh, wenn sie fünf oder gar zehn Jahre halten. Elektronikgeräte sind oft noch viel kurzlebiger. Nun ja, die Geräte sind heute oft auch viel preiswerter – dann können sie auch nicht mehr so gut und qualitativ hochwertig sein, denken Sie vielleicht? Das hat eine gewisse Logik.
Nicht nur bei billigen Produkten, sondern zunehmend auch bei teuren stellen wir fest, dass die Lebensdauer enttäuschend kurz ist: Haushaltsgeräte, Fernseher, Telefone und Computer geben oft schon nach wenigen Jahren – oft kurz nach Ablauf der Garantie! – ihren Geist auf oder lassen sich aus anderen Gründen nicht mehr nutzen. Schlechte Arbeit? Billige Materialien? Schlechte Konstruktion? – Klar, das kann alles sein. Oft aber haben die Hersteller gerade von elektrischen und elektronischen Waren durchaus geplant, dass ihre Produkte nicht allzu lange halten und wir uns dann was Neues kaufen müssen. Das ist dann geplante Obsoleszenz (gewollte „Veralterung“ von Produkten).
Angefangen hat das alles mit einer Glühlampe. Am 8. Juni 1901 schenkte der Besitzer des örtlichen Elektrizitätswerkes den Feuerwehrleuten der Kleinstadt Livermore (bei San José, USA) eine 60-W-Kohlefadenglühbirne, damit die Männer beim nächtlichen Alarm nicht erst Kerosinlampen anzünden mussten, um ihre Ausrüstung zu finden. Seitdem erstrahlt das Licht in der Feuerwache von Livermore. Seit 110 Jahren, wenn auch jetzt mit bescheidenen 4 W. Nur wenige Momente erlosch das „hundertjährige Licht“, bedingt durch Umzug und Stromausfall (aus: Elektronik Praxis).
Bereits im Jahre 1924 bildeten die wichtigsten Hersteller dieses historischen Leuchtkörpers ein Kartell, um den Markt weltweit unter sich aufzuteilen. Wichtigster Bestandteil der Verabredung: Die Glühbirnen durfte höchstens 1000 Stunden leuchten. Die beteiligten Konzerne kontrollierten diese Höchstdauer gegenseitig und Firmen, deren Birnen länger leuchteten, mussten hohe Strafen zahlen.
Weltweit werden riesige Gewinne auf Kosten aller Verbraucher gemacht, und alles nur, weil ein Produkt kaputtgehen SOLLTE! Das Ganze funktionierte so bis 1941, wirkt aber bis heute.
Und heute?
… zum Beispiel bei Computer-Druckern: nachweislich gibt es Hersteller, deren Drucker nach einer gewissen Anzahl gedruckter Seiten eine Fehlermeldung ausgeben, wonach das Gerät nicht mehr zu benutzen ist. Eine Reparatur ist – wir haben es geahnt – teurer als ein Neukauf. Eine besonders dreiste Begrenzung der Nutzungsdauer durch simple Software-Programmierung!
Doch es geht auch ‚eleganter‘: die meisten mobilen elektrischen Geräte benötigen einen Akku: Mobiltelefone, Tablets, Notebooks… Viele Akkus halten lange. Geben sie ihren Geist früher auf als das Gerät, muss er gewechselt werden … wenn es geht?! Doch es gibt viele der genannten Geräte, wo ein Akkuwechsel schwierig und/oder sauteuer ist und – wir erraten es schon – nur beim Hersteller vorgenommen werden kann. So bleiben wir ewige Kunden, ohne gefragt zu werden.
Und wie ist es mit der psychischen Obsoleszenz? Modelle werden so schnell fortentwickelt, dass wir gerne das neueste, modernste haben möchten, auch weil das alte nicht mehr ‚IN‘ ist. Dies trifft ganz besonders für die Mode zu (Frühjahrskollektion, Herbstmodelle, etc.), aber auch bei Elektronikartikeln. Das führt zu so seltsamen Verhaltensweisen, dass Menschen bei Erscheinen neuer Produkte sogar Stunden oder Nächte vorher anstehen …
Folgen
Durch die geplante Obsoleszenz werden viele Rohstoffe unsinnig vernichtet – sie werden weniger, teurer und verschärfen unsere Abfallsituation – belasten unsere Welt!
Darüber hinaus werden menschliche Arbeitskräfte verschwendet. Wir sind in Arbeitsprozesse eingebunden, die uns immer mehr unter Druck setzen, uns zwingen, Obsoleszenzprodukte zu konstruieren und herzustellen, obwohl wir das eigentlich nicht für gut halten. Allerdings wird uns suggeriert, dass durch immer neue Produkte Arbeitsplätze geschaffen werden, die Grundlagen für unsere Existenz sind. Nun, auch früher bei langlebigeren Dingen hatten wir Arbeit, die unsere Existenz sicherte. Wenn wir also wieder mehr langlebigere, qualitativ hochwertigere Produkte herstellen würden, hätten wir tatsächlich weniger Arbeit, weniger Einkommen? Mehr Arbeitslosigkeit? Das muss nicht zwangsläufig so sein! Wenn wir wieder mehr langlebigere Produkte herstellen und kaufen, brauchen wir sie seltener zu kaufen, damit auch weniger Geld und weniger zu arbeiten.
Natürlich werden die qualitativ besseren Waren auch teurer sein. Also reicht das in weniger Zeit verdiente Einkommen doch nicht!?…
Dieses zunehmende obsolsezente Produzieren, das Verschwenden von Rohstoffen, das Uns-Vormachen, dass wir immer das neueste ‚Beste‘ haben müssen, hat System! Je mehr produziert wird, um so mehr verdienen diejenigen, die dieses System beherrschen – oft, weil diejenigen, die produzieren, in immer kürzerer Zeit mehr Teile herstellen müssen, deshalb auch oft weniger verdienen oder krank (gestresst) werden! Das ist nicht nur ungesund, sondern auch menschenverachtend!
Und was nun?
Wollen wir da so weiter mitmachen? Oder können wir was dagegen bzw. für uns und unsere Welt tun? Kritischer werden, nicht jede (Mode-)Entwicklung mitmachen, uns zusammentun mit ähnlich denkenden Menschen, Widerstand leisten gegen Obsoleszenz-Produkte, sie aufdecken, nicht mehr kaufen. Wir können aber auch z.B. …
… weniger konsumieren!
Viele unserer Dinge benötigen wir – um es vorsichtig auszudrücken – seeehr, seeehr selten: Bohrmaschinen, Tapeziertische, Videokameras, Rasenkantenschneider, Nudelmaschinen, Raclette-Geräte, Bowle-Schüsseln, Hochdruckreiniger undundund. Hätten wir besser nicht gekauft, nerven nur. Braucht man nur ein einziges Mal. Verstopfen Garagen, Küchenschränke, Kellerregale. Das, was wir nicht brauchen, müssen wir nicht kaufen, nicht aussuchen, vergleichen, bestellen, bezahlen, transportieren, nicht die Bedienung erlernen, beim Umzug nicht mitnehmen, nicht entsorgen.
… Neukäufe vermeiden!
Manche Sachen braucht man und frau aber eben doch. Dabei gibt es viele Alternativen zum Neukauf: Manches kann man einfach leihen oder mit anderen zusammen besitzen. Anderes tauschen, mit Freunden oder in Tauschringen. Und natürlich gibt es – immer noch! – Produkte, die sich reparieren lassen, bei einem Fachhändler oder in einem Reparatur-Cafe. Denn alle Produkte, die es schon gibt, müssen nicht neu produziert werden. Und diese verbrauchen keine neuen Ressourcen wie Rohstoffe oder Energie – ein ganz kleiner Beitrag gegen diesen ganzen Verschwendungs- und Wachstumswahnsinn.
Wenn schon neu…
Wir alle benötigen hin und wieder Dinge zum Leben, die auch neu angeschafft werden müssen. Doch ob ein Produkt schon bald den Müllberg vergrößert, oder langlebig und reparabel ist – das ist ein Riesenunterschied für uns alle. Und wenn die Produktion von langlebigen und reparierbaren Dingen dann noch umweltfreundlich geschehen würde und die Produzenten menschenwürdige Arbeitsbedingungen hätten, wäre viel gewonnen. Solche Produkte gibt es. Vielleicht sind sie teurer als der übliche Schrott, vielleicht auf lange Sicht auch nicht. Oft haben wir also durchaus die Wahl!
Wir alle wissen, dass man mit dem tollsten Einkaufsverhalten an den bestehenden ‚Zuständen‘ – wenn überhaupt – nur dann was ändern kann, wenn sich viele beteiligen. Diese bestehenden gesellschaftlichen ‚Verhältnisse‘ reduzieren nach unserer Ansicht die Menschen auf Ihre Funktion als Konsumenten. Das führt zur Unterordnung des gesellschaftlichen Lebens unter die Vorgaben derer die über das ‚große Geld‘ verfügen und das Sagen haben, ohne dass sie demokratisch dazu ‚beauftragt‘ oder gewählt wurden. Dazu gehören unsere menschlichen Beziehungen und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch hemmungslose Plünderung des Planeten.
Pro und Contra
Halten die Produkte länger, muss weniger produziert werden. Dann gibt es noch mehr Arbeitslose!
Würden Rüstungsbetriebe schließen, gäbe es auch mehr Arbeitslose! Also: Sinnvolle Arbeit auf mehr Leute umverteilen, das gäbe kürzere Arbeitszeiten für alle…
Die Beschäftigten in den Betrieben und Geschäften müssen Geld verdienen und haben Angst vor Arbeitslosigkeit!
Sie wollen weder Murks produzieren noch verkaufen.
Aber jeder Unternehmer muss sich gegen seine Konkurrenten behaupten, oft sogar weltweit, und der Staat sichert die „freie Marktwirtschaft“ !
Der Staat muss per Gesetz geplanten Verschleiß verbieten!
„Wirtschaftswachstum“ verlangt mehr Produktion und mehr Konsum!
„Wachsen“ müssen die Profitraten. Der Lebensstandard kann sich dabei für immer mehr Menschen verschlechtern…