Dies ist KEINE OFFIZIELLE STELLUNGNAHME der Demosanitäter_innen insgesamt, sondern ein Einzelbericht:
Die Demosanitäter*innen schätzen aktuell ca. 320 Verletzte am Samstag. Wir müssen leider schätzen, da wir so viele Menschen behandeln mussten dass wir keine Statistik mehr führen konnten.
Dazu kommen noch alle die sich selbst helfen konnten oder die im Chaos keinerlei Behandlung erfuhren. Vermutlich ist die Zahl wesentlich höher. Die jüngsten von uns direkt behandelten waren Grundschulkinder. Die ältesten wohl um die 70 Jahre alt.
Die meisten wurden durch Pfefferspray (durchnässt) verletzt. Weiter hatten viele Kopfverletzungen – z.t. schwere – die durch gezielte Schläge auf Kopf und in das Gesicht verursacht wurden. Diverse Demonstrant_innen mussten zur Behandlung von Rettungswagen und Notärzt*innen abgeholt werden.
Die Polizei überrannte im Verlauf unseren Behandlungsplatz (eindeutig abgesperrt und abgesprochen) vor dem jüdischen Museum und wir mussten die Verletzten weiter evakuieren.
Trotz Absprachen mit dem ärztlichen Leiter Rettungsdienst, dem Branddirektor der Feuerwehr und der Gesundheitsdezernentin der Stadt FFM wurde uns ab 19:09 Uhr der Zugang zu den Verletzten im Bereich Neue Mainzer Str.-Friedensstr.-Kaiserplatz („Sicherheitsbereich“) verwehrt. Der ärztliche Leiter Rettungsdienst wurde von der Polizei zeitweilig auf der anderen Mainseite festgehalten.
Dieser Befehl kam nicht von der Stadt sondern direkt aus dem Innenministerium wie uns die Polizei mitteilte. Ebenso wurde der Rettungsdienst, die Feuerwehr, Journalist_innen und Politiker_innen aus diesem Bereich verbannt (dort befand sich auch die einzige theoretisch offene Notapotheke die wir zwischenzeitlich benötigten). Im Zuge dessen wurde zu allem Überfluss noch ein Team von uns durch die Bundespolizei angegriffen.
In dem Bereich zwischen Schauspielhaus und Kaiserplatz („Sicherheitsbereich“) hatte die Polizei Panzersperren, Natodraht und eine riesige bürokratische Maschinerie aufgebaut. Dort wurden über 1000 Menschen abgefertigt und zeitweilig interniert. Zum Schluss mussten die Gefangenen durch ein Spalier von ca. 10 Schäferhunden laufen die an der langen Leine versuchten die Leute anzufallen. In diesem Bereich waren zahlreiche Verletzte die Hilfe benötigten. Die Polizei versuchte dringende Transporte durch den Rettungsdienst zu verhindern („der will ja nur raus“) und war der Ansicht das Bewusstlosigkeit nach Schlag auf den Kopf oder ausgekugelte Schultern (das verursacht starke Schmerzen) keine Notfälle darstellten. Sie ignorierten z.T. schreiende Menschen.
Auch wurden für Rettungswagen keine Absperrungen geöffnet, da dies ein Sicherheitsrisiko darstellen würde. Einmal kam 2 Minuten später an der gleichen Stelle ein Polizeifahrzeug an für das sofort die Gitter weggeräumt wurden (Die Lage hatte sich nicht geändert).
Der „Sicherheitsbereich“ – in dem ich mich zeitweilig bewegen konnte – war unabhängig von der weiteren politischen Dimension dieses Demoverbots ein rechtsfreier Raum.